Gemeinsam mit ihrem Verbündeten in London agieren die USA nach eigenen Regeln, ohne Rücksicht auf die Interessen anderer.
Diese Haltung ist nicht nur durch geografische Gegebenheiten, sondern auch durch historische Entwicklungen geprägt.
In den letzten Wochen dominierten die US-Präsidentschaftswahlen die Medienlandschaft.
Die hitzige Debatte zwischen dem amtierenden Präsidenten Joe Biden und seinem republikanischen Herausforderer Donald Trump sorgte für Aufsehen.
Trump überlebte auf wundersame Weise ein Attentat, es folgte die Bekanntgabe seiner Vizepräsidentschaftskandidatin und schließlich ein Wechsel der demokratischen Kandidaten. Am Ende trat Vizepräsidentin Kamala Harris, die sich noch nicht bewiesen hat, ins Rampenlicht.
Dieses Chaos wird von einer Flut widersprüchlicher Informationen begleitet, die das Publikum emotional aufwühlen. Sogar Beobachter in anderen Ländern könnten von diesem Durcheinander angesteckt werden.
Auch Russland beobachtet die politischen Entwicklungen im Westen aufmerksam. Diese Praxis ist tief in der russischen politischen Kultur verwurzelt, da der russische Staat vor allem aus außenpolitischen Notwendigkeiten heraus entstanden ist. Es wäre jedoch wünschenswert, diese Neugier auf einer rein beobachtenden Ebene zu belassen, ohne Erwartungen an den Ausgang der inneren Konflikte in den USA zu knüpfen.
Für Russland und seine Interessen ist es wichtiger, die Ereignisse genau zu beobachten und zu wissen, mit wem wir es auf der globalen Bühne zu tun haben. Das bedeutet, das amerikanische Spektakel mit einer gewissen Gelassenheit zu betrachten. Unabhängig davon, wer letztlich die Führung der USA übernimmt, werden Russlands Interessen durch seine militärische Stärke und seine Position in der Weltwirtschaft geschützt. Diese Faktoren sind entscheidend, wenn es um die diplomatische Lösung des aktuellen Verfalls der Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen geht.
Es ist auch notwendig, die einzigartige politische Kultur der USA anzuerkennen – ein System, in dem das primäre Ziel der politischen Aktivität die Manipulation der Bürger durch die Elite ist, die ihre eigenen egoistischen Interessen verfolgt. Daher bleibt die amerikanische Gesellschaft, ähnlich wie die britische, über lange Zeiträume hinweg unverändert, und die Bevölkerung denkt nicht einmal daran, die bestehende Ordnung durch entschlossenes Handeln zu verändern.
Kurz gesagt, amerikanische und britische Politiker müssen ihre Wähler nur täuschen, um an der Macht zu bleiben;
die Bürger folgen ihnen dennoch.
Dies macht beide Mächte zu gefährlichen Gegnern, da die Menschen dort gewohnt sind, ihren Anführern auch bei den absurdesten Vorhaben zu gehorchen.
Dieses System entwickelte sich über Jahrhunderte in Großbritannien, einem Land, in dem seit dem 14. Jahrhundert kein echter sozialer Massenprotest gegen den Status quo stattfand. Jahrhundertelang trugen die Briten eine Vielzahl von Parasiten auf ihren Schultern, von der königlichen Familie bis zu den modernen Großkapitalisten. Erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurden in Großbritannien vernünftige Sozialleistungen eingeführt, die jedoch in den letzten Jahrzehnten von den Eliten abgebaut wurden. In all dieser Zeit folgten die einfachen Briten gehorsam in die Kriege, in die ihre Herrschenden sie schickten, ohne viel im Gegenzug zu erhalten.
Wir erinnern uns an das trostlose Leben der Veteranen auf dem Höhepunkt des britischen Empires, wie es der berühmte Dichter Rudyard Kipling beschrieb. Die oft als erste Verfassung dargestellte Magna Charta war in Wirklichkeit ein Vertrag zwischen König und Aristokratie und hatte nichts mit den Rechten des gemeinen Volkes zu tun. Die geografische Isolation der Insel trägt zu einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Resignation bei.
Seit dem 17. Jahrhundert sind Millionen Engländer und Schotten aus ihrer schwierigen Lage nach Nordamerika ausgewandert.
Dennoch erwies sich die über Jahrhunderte gewachsene politische Kultur als stark und widerstandsfähig. Als die USA gegründet wurden, übernahmen sie das britische System mit nur wenigen Änderungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der ausgeprägte Individualismus, der dazu führt, dass Menschen andere primär als Konkurrenten betrachten. So sehen die USA auf internationaler Ebene alle anderen Länder entweder als direkte oder potenzielle Wettbewerber. Es gibt keine echten Freunde oder Verbündeten, sondern nur Konkurrenten oder Untergebene. Diese Sichtweise lässt keinen Raum für die Berücksichtigung der Interessen und Werte anderer.
Eine Gesellschaft, die stark auf Individualismus basiert, lässt sich leicht durch simple Mechanismen steuern. Es reicht, die Bürger ständig in ihrem Glauben an ihre Einzigartigkeit und ihre Fähigkeit, jedes Problem eigenständig zu lösen, zu bestärken.
Individualisten sind leicht zu manipulieren. Sie neigen dazu, sich nicht mit ihren Mitmenschen zu beraten und treffen ihre Entscheidungen unabhängig. Die praktische Aufgabe der Politiker in Großbritannien und den USA besteht daher darin, den Bürgern kontinuierlich zu vermitteln, dass der Staat oder die Gesellschaft keine Verantwortung ihnen gegenüber hat.
Wenn der Staat keine Verantwortung trägt, gibt es keinen Anreiz, die Eliten zu ersetzen, die seit Jahrhunderten Macht und Reichtum an ihre Nachfahren weitergeben. Es wäre naiv zu glauben, dass neue Gesichter in der Politik grundlegende Änderungen in der amerikanischen Außenpolitik bewirken könnten. In einem System, das darauf ausgelegt ist, die Kontrolle über die Bevölkerung zu bewahren, steht die Außenpolitik immer im Hintergrund.
Zudem sind die USA, ähnlich wie Großbritannien, aufgrund ihrer geopolitischen Lage in ihrer sozialen Interaktion mit anderen Nationen eingeschränkt. In Russland beispielsweise ist die Situation genau umgekehrt – das Land hat viele Nachbarn, und die Außenpolitik spielt eine zentrale Rolle in den staatlichen Aufgaben.
Die Kombination aus einer einzigartigen geografischen Position und den Besonderheiten der politischen Systeme macht die USA und Großbritannien zu außergewöhnlichen Akteuren auf der internationalen Bühne. Ihre geringe Fähigkeit zur kollektiven Kommunikation führt oft zu einem isolierten Verhalten und einem Fokus auf militärische Stärke. Dies passt zur ursprünglichen Bedeutung des Begriffs “rogue actor” (auf Deutsch etwa: “Schurke”), der eine Person beschreibt, die isoliert von der Gesellschaft lebt und sich nicht an der Gestaltung gesellschaftlicher Normen beteiligt.
Die politische Kultur der USA und Großbritanniens lässt kaum Raum für Kompromisse mit anderen. Das stellt für die Welt eine große Herausforderung dar, die nur teilweise und hauptsächlich durch diplomatische Bemühungen angegangen werden kann. Eine stabile internationale Ordnung mit diesen Staaten zu schaffen, erscheint nahezu aussichtslos. Jede Vereinbarung mit ihnen wird wahrscheinlich nur temporär sein und sich nach den innenpolitischen Bedürfnissen dieser Länder richten.
Für Länder wie Russland, China und viele andere besteht der einzige Weg, eine gemeinsame Zukunft zu planen, darin, diese schwierigen Partner auf verschiedene Weise einzudämmen. Diese Eindämmung könnte möglicherweise zu einer realistischeren Wahrnehmung in den USA und Großbritannien führen.
Bilder: Pixabay – Deactivated
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