Die Corona-Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung im Frühjahr 2020 waren teils rechtswidrig.
Dem Ministerpräsidenten wird ein fragliches Rechtsverständnis attestiert.
Die juristische Rückschau und Aufarbeitung der Coronamaßnahmen läuft – nach eineinhalb Jahren Ausnahmezustand – langsam an. Bisher kassierten Gerichte nur offensichtlich rechtswidrige Erlasse – jetzt geht es an die juristische Substanz.
Ein am Montag veröffentlichtes Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes macht dort den Anfang. Im März 2020 klagte ein Bürger gegen die bayerische Staatsregierung und ihre harten Ausgangssperren. Erst jetzt wurde dem Kläger das Urteil zugestellt.
Es ist eine schon lange überfällige Klatsche für Markus Söder. Denn das Gericht hat das Einsperren der bayerischen Bürger juristisch vernichtend bewertet. Nicht nur stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Ausgangssperren rechtswidrig waren – er attestiert der bayerischen Staatsregierung und dem Ministerpräsidenten ein antifreiheitliches Rechtsverständnis.
Söder hatte den bayrischen Bürgern mit wenigen Ausnahmefällen unter Androhung empfindlicher Geldstrafen verboten, das Haus zu verlassen. Diese Maßnahme habe gegen das „Übermaßverbot“ verstoßen, urteilt der Gerichtshof. Das bedeutet: Die Maßnahme stand in ihrer Schärfe in keinem Verhältnis zu durch sie erreichten, positiven Effekten. Die Ausgangssperre sei „keine notwendige Maßnahme“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes gewesen. Auf dieses stützte sich der Freistaat jedoch in seiner rechtlichen Argumentation, spezifisch auf Paragraph 28 des IfSg.
Diese rechtliche Grundlage erklärt das Verwaltungsgericht für nichtig.
„Es bestehen bereits Zweifel, ob der historische Gesetzgeber des Bundesseuchengesetzes und daran im Anschluss des Infektionsschutzgesetzes tatsächlich die Generalklausel des Paragrafen 28 auch im Hinblick auf sogenannte Lockdowns oder Shutdowns entwickelt hat, in dem Sinne, dass den Landesregierungen oder den subdelegierten Stellen der Erlass solch umfassender, das gesamte öffentliche Leben eines Landes tiefgreifend umgestaltender Einschränkungen erlaubt werden sollte“.
Im Klartext: Söder interpretierte das Infektionsschutzgesetz in rechtlich unzulässiger Weise und zweckentfremdete es.
Weiterhin attestiert der Verfaltungsgerichtshof Söder einen fahrlässigen, grob unzulässigen Umgang mit den Grundrechten. Die Staatsregierung habe es versäumt, „bei der Auswahl der Maßnahmen von mehreren gleich geeigneten Mitteln das die Grundrechte der Normadressaten weniger belastende zu wählen“. Mildere Mittel seien in Betracht gekommen, die man in München aber ignoriert habe. Söders Corona-Credo von immer mehr Härte, mehr „Vorsicht“ und mehr Einschränkungen wird vom Gericht abgewatscht: „Der vom Antragsgegner vertretene gedankliche Schluss, dass die restriktivere Maßnahme im Vergleich immer die besser geeignete Maßnahme ist, ist dabei in dieser Allgemeinheit unzutreffend“. Die Richter attestieren der Staatsregierung auch ein fragwürdiges Menschenbild. „Sollte in dem Verweilen in der Öffentlichkeit eine Gefahr für die Bildung von Ansammlungen gesehen worden sein, weil sich um den Verweilenden sozusagen als Kristallisationspunkt Ansammlungen von Menschen bilden könnten, so unterstellt diese Sichtweise ein rechtswidriges Verhalten der Bürger und setzt dieses sogar voraus.“ Das sei unzulässig.
Pikant:
Das Gericht erlaubt ausdrücklich die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Rechtssache sei nicht nur für Bayern relevant, sondern habe eine „grundsätzliche Bedeutung“ für die juristische Aufarbeitung der Coronapolitik.
Damit machen die Richter den Weg frei für eine bundesweite Grundsatzentscheidung zur Rechtmäßigkeit von harten Lockdowns.
Quelle: Podcast von Bruce Wayne für Radio Qfm.network
Quelle: Tickyseinblick.de
Bild: Pixabay – Peggy_Marco
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