Merkel als Geschlagene im Kampf der Mutanten

Nichts mehr ist es mit dem unwidersprochenen Ukas aus dem Kanzleramt, bei dem die Ministerpräsidenten willenlos kuschen und exekutieren. Die Landesfürsten waren nicht bereit, sich Merkel zu unterwerfen. 

Es bewegt sich was.

Lange Zeit schien es, als könnte Angela Merkel ihr klassisches Herrschaftsmodell des mit öffentlichem Schweigen garnierten Bürgerrechtsabbaus bei gleichzeitiger Fesselung der Bundesländer bis in alle Ewigkeit durchsetzen. 

Mit einem in der Verfassung nicht vorgesehenen Beschlussgremium über alle Parlamente hinweg, einer Art Staatsrat, mit dem sie die Ministerpräsidenten der Länder in ihren Bann zu schlagen suchte.
Und doch – irgendwann ist Schluss. 

Am 10. Februar hatte sie einmal mehr zur Ratssitzung geladen, zuvor weitere Marterinstrumente des Shutdown sehen lassen, um den Landesfürsten ihren unabänderlichen Willen vorzugeben. Aber selbst der treueste Vasall wird irgendwann aufmüpfig, wenn er ahnt, dass der Unmut seiner Untertanen seine Herrschaft gefährden könnte. Und so wurde die Ratssitzung vom Shutdown zum Showdown.

Die Sitzung zog sich und zog sich. Die Landesfürsten waren nicht länger bereit, sich von der großen Vorsitzenden ihr Handeln diktieren zu lassen. Sie wollten klare Perspektiven, Automatismen bei erreichten Inzidenzen – und das durchaus heruntergebrochen auf kleinere Einheiten, auf Bundesländer, vielleicht sogar Verwaltungskreise. Doch daran, so sickerte aus der Sitzung, hatte Merkel keinerlei Interesse. 

Perspektiven für das Volk? Wozu? Wenn ihnen das harte Brot des Shutdown nicht mehr schmeckt, dann sollen sie doch den Kuchen des Lockdown essen!

Der Aufstand der Fürsten

Noch war der Aufstand der Fürsten nicht von absolutem Erfolg gekrönt. So beharrt nicht nur Niedersachsens Stephan Weil auf eigene Wege im Umgang mit Corona. Weshalb er im Anschluss an die Sitzung nicht umhin kam, die Bockigkeit der Frau Bundeskanzler festzustellen: „Wir brauchen eine Perspektivplanung, die steht heute aber noch nicht fest.“ Merkel, so war zu hören, sei für Überlegungen zu konkreten Schritten „nicht zugänglich“ gewesen.

Und doch: Als Merkel dann nach Stunden vor die Presse trat, saß dort eine geschlagene Kaiserin. 

Im coronesken Kampf der Mutanten hatte sie erstmals einstecken müssen. Nichts mehr ist es mit dem unwidersprochenen Ukas aus dem Kanzleramt, bei dem die Ministerpräsidenten willenlos kuschen und exekutieren. Der von Merkel befohlene Dauerlockdown bis zum 14. März, um dann vielleicht und zaghaft über erste Lockerungen nachzudenken – gestrichen. Stattdessen wird das Mittelstandssterben bis zum 7. März verkürzt. 

Über das, was als Lockerungsübungen zu beschreiben ist, soll nun bereits am 3. März nachgedacht werden.

Den Kopf gewaschen haben der Frau Bundeskanzler die mehr oder weniger unfrisierten Regionalgebieter auch in Sachen Friseure. Die dürfen sich nun bereits ab dem 1. März über die Haarpracht ihrer Kunden hermachen – vorausgesetzt, sie haben den staatlich verordneten, monatelangen Einnahmeausfall bis dahin überlebt. Auch dem Einzelhandel, sonstigen „körpernahen Dienstleistungen“ und Museen wurden Brosamen der Hoffnung hingeworfen. Bei Inzidenz 35, ja vielleicht denkbar. 

Es sei denn, die Mutanten machen wieder einmal einen Strich durch die Rechnung der Zwangsentmündigten und die Statistikgläubigen einer unflexiblen Weltsicht schlagen ein weiteres Mal erbarmungslos zu.

Keine Hoffnung allerdings gibt es für die Gastronomie. Frühestens irgendwann im März, wenn der Staatsrat der Corona-Bestimmer am 3. März erste Signale nahe Inzidenz Null feststellen sollte. Gänzlich undifferenziert wird so all jenen Gastronomen und Hoteliers, die viel Geld in ihre Hygiene-Maßnahmen gesteckt haben, weiter der Hahn abgedreht. 

Das große Gaststättensterben scheint kaum noch aufzuhalten. Immerhin, so wurde stolz verkündet, dürfen nun die vor dem Aus stehenden Unternehmer ihre Anträge auf Coronahilfe 3 stellen. Bis zu 400.000 Euro in monatlichen Hundertausenderraten werden als Obergrenze ausgelobt. Wir dürfen gespannt sein, ob die deutsche Bürokratie nicht auch dieses Angebot an die Wand fährt.

Der Schulaufstand

Richtig zur Sache gegangen ist es in der Staatsratssitzung in Sachen Schulen und Kitas. Die Landesfürsten spüren den revolutionären Unmut ihrer Bürger, stellen sich zunehmend die Frage nach der Erträglichkeit der Kollateralschäden. Und doch hatten sie offenbar große Mühe, der Kaiserin das Grundprinzip eines föderalistischen Bundesstaats zu erklären. Am Ende aber scheint sich dann widerwillig ein gewisser Lernerfolg eingestellt zu haben.

Die Allmächtige in Berlin, die noch im vergangenen Jahr ungescholten einen demokratischen Wahlvorgang in einem Landesparlament per Befehl aus Südafrika vom Tisch fegte, vermochte ihre Zerknirschung kaum zu verbergen. 

In der Pressekonferenz im Anschluss an die Staatsratssitzung ließ sie, die doch immer wieder bewiesen hat, dass Föderalismus für sie nichts anderes ist als eine Sprechblase, wissen: „Föderalismus ist besser als Zentralismus, auch wenn es manchmal schwierig ist. Aber ich kann mich hier nicht so durchsetzen, als hätte ich ein Veto-Recht, wie das im Europäischen Rat (der Regierungschefs) mit seiner Einstimmigkeit der Fall ist.“

So haben sich nun die Bundesländer ihre Autonomie in Sachen Kulturhoheit zurückerobert. Wann und wie Schulen und Kitas wieder geöffnet werden, liegt ausschließlich in der Hand der Länder. 

Die Kaiserin is not amused.
Typisches Gemerkel und ein aufmüpfiger Bundestag

Dieser Aufstand der Fürsten – wirklich ärgerlich! Zentralismus ist schlechter als die lästige Vielstimmigkeit des Förderalismus, meint Merkel unter dem geballten Druck von Unten. Aber der Zentralismus der EU mit gottgleichen Entscheidungsbefugnissen ist besser. Zumindest dann, wenn Merkel damit ihren Willen gegen jeden Widerstand durchsetzen kann.

Typischer Merkel geht nicht. 

Und doch macht das Eingeständnis deutlich: Merkel musste kräftig Federn lassen. Der Nimbus der alternativlosen Unfehlbarkeit bröckelt beim Zusehen. Und das nicht nur bei den Ministerpräsidenten – auch die Parlamente gehen auf die Barrikaden.

Während im Kanzleramt der Staatsrat digital zum Showdown zusammengeschaltet war, kam es im Bundestag zu einer wahrlich historischen Tat. Erstmals gemeinsam bestimmte die Opposition aus AfD, Grünen, FDP und Linken den Bundesminister für Finanzen in den Plenarsaal. Der von Merkel zur Parlamentsbegleitung abgestellte Heiko Maas machte ob dieser Unzumutbarkeit das Rumpelstilzchen, musste sich von der amtierenden Parlamentspräsidentin Petra Pau genussvoll maßregeln lassen. 

Als der aus dem Staatsrat herausgerissene Olaf Scholz, im Nebenberuf als sogenannter Kanzlerkandidat einer 15-Prozent-Partei regierungseigener Regierungskritiker, dann endlich erschien, war ihm sein Missmut deutlich anzusehen. Warum aber auch hatte er den USA angeblich erhebliche Beträge als Morgengabe versprochen, damit dort der Widerstand gegen das Schröder-Putin-Projekt Northstream 2 endlich aufgegeben wird? 

Nun also sogar im Bundestag endlich so etwas wie aktiver Widerstand gegen Merkel-allmighty und ihren Hofstaat.

Und auch Straßburg revoltiert

Mit einem solchen Widerstand sah sich nun auch die Unfähige in Brüssel konfrontiert. Bereits vor wenigen Tagen hatte Ursula von der Leyen dargelegt, warum die EU der Bürokraten überflüssig ist. Um das bürokratorische Versagen in Sachen Impfstoff zu entschuldigen, glänzte sie mit einem trefflichen Vergleich. 

Kleine Länder seien nun einmal wie „Schnellboote“ – die EU aber sei ein „Tanker“. Ein wahrlich hübsches Bild, weiß doch ein jeder, dass ein Tanker gerade einmal für Friedenzeiten taugt, er aber ob seiner Unbeweglichkeit in der Krisensituation leichtes Opfer ist. 

Wer würde sich nicht im Ernstfall lieber flink mit dem Schnellboot vom Acker machen wollen, als auf der Brücke eines unbeweglichen Tankers auf Mengen explosiver Öl-Barrel zu sitzen? Sehr viel deutlicher konnte von der Leyen ihre eigene Überflüssigkeit und nun auch Situation nicht beschreiben.

Zwar mochten sich die Parlamentarier in Straßburg der Rücktrittsaufforderung des Abgeordneten Jörg Meuthen noch nicht anschließen, doch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses rückt in greifbare Nähe. 

Welch ein Pech! In der Bundesrepublik einem solchen in Sachen Bundeswehrversagen durch die Strafversetzung nach Brüssel gerade noch entgangen, droht das Unheil endloser, öffentlicher Offenbarung des eigenen Unvermögens nun auf europäischer Ebene. Da wird ihr auch der klassische Ausweg des politischen Versagens nicht mehr helfen, das drohende Ungemach in einem Arbeitskreis zu beerdigen. 

Ohne Zweifel: 
Das hatte sich das Damentandem anders gedacht.

Göttinnendämmerung allenthalben also. 

Eine Merkel, der von den Untergebenen sichtlich Ungemach droht – eine Leyen, die gerade einmal eineinhalb Jahre benötigte, um auch die sonst so willigen EU-Gewählten von ihrer Unfähigkeit zu überzeugen. Zweifelsohne – von Zeitenwende zu sprechen, wäre noch zu früh. Doch es bewegt sich etwas. 

Und allein das ist nach den demokratiezerstörenden Merkeljahren bereits ein Grund zu feiern.

Auch wenn sich Merkel immer noch hinter irgendwelchen Statistiken und handverlesenen, gefälligen Wissenschaftlern zu verstecken sucht. 

Doch die Erfahrung lehrt: Wer Schwäche zeigt, lädt all die bislang Unterdrückten ein, nun auch über ein wenig Aufstand nachzudenken. 

Fehlt nur noch ein Richard, der die Elegie der bekennenden Wagner-Anhängerin für die Nachwelt in wirkmächtige Noten und Gesänge fasst.

Quelle: Tichyseinblick.de

Bild: Unsplash – John Tower

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