Gabriele Curschmann-Käsinger | Rechtsanwältin Küferstraße 6 | D-79206 Breisach
Offener Brief
Stadt Freiburg im Breisgau
An den Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung
Herrn Dr. Rene Funk
Fehrenbachallee 12
79084 Freiburg 13.03.21
Video-Interview im BZ-Talk am 10.02.21
„Wie geht Freiburg mit Corona-Regel-Brechern um”
Guten Tag Herr Dr. Funk,
auf Hinweis einer Bekannten habe ich mir das oben genannte Interview angehört. Bis zum Schluss durchzuhalten, kostete mich echte Überwindung. Und ich erkläre Ihnen anhand einiger weniger Beispiele auch, warum.
Zunächst: Es geht mir nicht um die erbärmliche Rolle der BZ als Ihr Stichwortgeber. Es geht mir auch nicht um einen unbedeutenden Journalisten eines unbedeutenden Regionalblattes, dessen unkritische, diffus nach allen Seiten wohlwollende Berichterstattung zurecht durch sinkende Auflagenzahlen abgestraft wird (s. www.ivw.de).
Es geht vielmehr um Ihre Rolle als Leiter des Ordnungsamtes, als ein Mensch in einer öffentlichen, leitenden Position, der in diesem Interview nicht nur Juristen und Ärzte pauschal als militant abqualifiziert, sondern der zusätzlich eine ganze Bevölkerungsgruppe, nämlich die Ü50, diffamiert, indem er ihr kindliche Einfalt und Gewaltbereitschaft zuschreibt.
Zitat:… die ein infantiles Verhalten an den Tag legen (Minute 16:48) und mit sehr großer Ignoranz teilweise auf die Coronabestimmungen reagieren … es sind die eher nichtbildungsfernen Kreise (Minute 17:36 ) … es geht durch alle Berufsgruppen es sind Mediziner es sind auch Juristen, also das ist eine sehr krude Mischung von Personen die da gerade in dem militanten Bereich aus meiner Sicht agieren.
Eigentlich sollte es Ihnen zu denken geben, wenn gerade erfahrene und gebildete Menschen, insbesondere Mediziner und Juristen, in Sachen Corona eine andere Meinung vertreten als Sie. Stattdessen verunglimpfen Sie diese Bevölkerungsgruppe (im lateinischen Sprachraum übrigens der „Intelligencia” zugeordnet) als „krude und militant.” Das ist für mich unerträglich. Dass Sie diese Beleidigung im Verlaufe des Interviews gebetsmühlenartig wiederholen, nämlich neun Mal, nenne ich uninspirierte, plumpe Propaganda.
Kein Wunder, dass Sie dann noch auf die Frage der BZ:
Beschleichen Sie manchmal Sorgen, dass die Regeln die Sie umsetzen womöglich zu weit gehen könnten, dass wir Grenzen überschreiten?, antworten:
Diese Frage kann ich Ihnen mit einem ganz klaren überzeugten Nein beantworten. Ich habe nicht ansatzweise den Eindruck, dass hier Rechte ausgedehnt oder unsere Freiheitsrechte unangemessen beeinträchtigt werden.
Mit dieser fragwürdigen, keinen Einwand duldenden Meinung widersprechen Sie nicht nur der Rechtsauffassung so unbedeutender Juristen wie mir und den meisten mir bekannten Kollegen, sondern durchaus auch juristischen Schwergewichten.
Es kann Ihnen unmöglich verborgen geblieben sein, dass seit Monaten hochrangige Verfassungsrechtler, ich nenne hier den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier und den ehemaligen Verteidigungsminister und Staatsrechtler Rupert Scholz, die Verfassungswidrigkeit der Maßnahmen öffentlich anprangern.
Dass seit Monaten unzählige Gerichtsentscheidungen ergangen sind, die die Verfassungswidrigkeit der Corona-Verordnungen, zumindest diverser Maßnahmen, festgestellt haben. Dass ein Strafrichter sogar öffentlich dazu aufruft, Bußgeldbescheide in Sachen Corona anzufechten. Als Jurist haben Sie einen Eid auf die Verfassung geschworen!
Sie hingegen gefallen sich in der Rolle des „Vollstreckers” und sind auf diese Bezeichnung offenbar noch stolz.
Anders kann man Ihr selbstgefälliges Grinsen, (Minute 1:18 und 30:06), als Sie im Interview so benannt werden, nicht deuten. Leider kenne ich kein demokratisches Organ, das diese Bezeichnung bzw. diesen Amtstitel trägt.
Ich würde mir nie anmaßen, Sie aufzufordern, Ihren Posten zu räumen. Vielmehr sähe ich den Zweck dieses Briefes schon als erfüllt, wenn Sie sich wenigstens für Ihre Entgleisung entschuldigen.
Rechtsanwältin Curschmann-Käsinger
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